Vertriebskartellrecht: Schweizer Wettbewerbskommission erlässt revidierte Vertikalbekanntmachung
Die Schweizer Wettbewerbskommission hat ihre revidierte Bekanntmachung über die wettbewerbsrechtliche Behandlung von Vertikalabreden verabschiedet. Sie wird am 1. Januar 2023 in Kraft treten. Die revidierte Bekanntmachung orientiert sich an der EU Vertikal-GVO, enthält aber in wesentlichen Aspekten einen "Swiss Finish".
Publiziert: 16 Dezember 2022
Partner, Head of Competition
Partner, Head of ESG
Managing Partner, Head of Competition
Partner, Head of Intellectual Property
Publiziert: 16 Dezember 2022 | ||
Autoren |
Marcel Meinhardt |
Partner, Head of Competition |
Astrid Waser |
Partner, Head of ESG |
|
Benoît Merkt |
Managing Partner, Head of Competition |
|
Sevan Antreasyan |
Partner, Head of Intellectual Property |
|
Expertise |
Competition and Regulated Markets |
Ausgangslage
Die Schweizer Wettbewerbskommission ("WEKO") hat am 14. Dezember 2022 ihre revidierte Bekanntmachung über die wettbewerbsrechtliche Behandlung vertikaler Abreden ("Vertikalbekanntmachung") inkl. Erläuterungen publiziert.
Die revidierte Vertikalbekanntmachung wird am 1. Januar 2023 in Kraft treten. Bestehende Verträge müssen innerhalb einer Übergangsfrist von einem Jahr an die neuen Vorschriften angepasst werden.
Neue Regeln für Vertikalabreden
Seit dem 1. Juni 2022 gilt in der EU die neue Vertikal-Gruppenfreistellungsverordnung ("Vertikal-GVO").
Mit der revidierten Vertikalbekanntmachung will die WEKO im Grundsatz Kongruenz zur Vertikal-GVO der EU-Kommission schaffen. Sie trägt aber auch der Schweizer Praxis und Rechtsprechung Rechnung und enthält deshalb in wesentlichen Aspekten einen "Swiss Finish".
Das Swiss Finish zeichnete sich bereits im Vernehmlassungsentwurf ab. Dieser wurde weitgehend übernommen und sah unter anderem Erleichterungen beim Allein- und Selektivvertreib, Anpassungen beim dualen Vertrieb und Änderungen beim Onlinevertrieb vor. Eine Zusammenfassung des Vernehmlassungsentwurf finden Sie in unserem Newsflash vom Juli 2022.
Die revidierten Erläuterungen stellen zudem klar, dass wie in der EU zukünftig vertikale Wettbewerbsverbote, die für einen Zeitraum von fünf Jahren abgeschlossen werden, sich jedoch stillschweigend über diesen Zeitraum hinaus verlängern, grundsätzlich unproblematisch sind, sofern angemessene Kündigungs- bzw. Neuverhandlungsmöglichkeiten bestehen. Diese in der Vertriebspraxis der EU sehr begrüsste Neuerung haben die revidieren Erläuterungen ebenfalls übernommen.
Abweichungen von der EU Praxis
Strengere Regelungen als in der EU sieht sie insbesondere in Bezug auf Preisempfehlungen, Exportverbote und die Einschränkungen von Passivverkäufen vor. Damit möchte die WEKO der aus ihrer Sicht rechtlich und wirtschaftlich von der EU abweichenden Situation der Schweiz Rechnung tragen.
So sind die Voraussetzungen einer unzulässigen Preisbindung zweiter Hand in der neuen Vertikalbekanntmachung wesentlich tiefer angesetzt, als in der EU. Bereits eine intensiv kommunizierte Preisempfehlungen kann ohne zusätzlichen Druck oder Anreize als unzulässige vertikale Preisabrede qualifizieren.
Streng ist die Vertikalbekanntmachung auch in Bezug auf Exportverbote in die Schweiz. Anders als in der EU erfasst das Schweizer Kartellrecht auch Abreden, die ausserhalb der Schweiz geschlossen werden und potentielle Auswirkungen auf den Schweizer Markt haben können. So fallen beispielsweise Exportverbote für Vertriebspartner im europäischen Wirtschaftsraum, die zum Ausschluss passiver Verkäufe an Händler oder Endkonsumenten in der Schweiz führen, unter das Schweizer Kartellrecht und sind grundsätzlich problematisch. Zudem können nach der Vertikalbekanntmachung bereits exklusive Bezugsverpflichtungen in der Schweiz, die direkt oder indirekt zu einem Ausschluss von passiven Verkäufen in die Schweiz führen, als absolute Gebietsschutzabreden qualifizieren.
Zusammenfassung und Ausblick
Obwohl sich die Vertikalbekanntmachung in weiten Teilen an der Rechtslage in der EU orientiert, sieht sie bei zentralen Fragen bewusst strengere Regelungen vor. Verträge mit Auswirkungen auf die Schweiz sind daher in der kartellrechtlichen Vertriebspraxis weiterhin auf die Einhaltung des "Swiss Finish" zu prüfen.
Für weitere Fragen zu diesem Thema stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.
Reden wir
Marcel Meinhardt |
Partner, Head of Competition, Zurich marcel.meinhardt@lenzstaehelin.com Tel: +41 58 450 80 00 |
|
Astrid Waser |
Partner, Head of ESG, Zurich astrid.waser@lenzstaehelin.com Tel: +41 58 450 80 00 |
|
Benoît Merkt |
Managing Partner, Head of Competition, Geneva benoit.merkt@lenzstaehelin.com Tel: +41 58 450 70 00 |
|
Sevan Antreasyan |
Partner, Head of Intellectual Property, Geneva sevan.antreasyan@lenzstaehelin.com Tel: +41 58 450 70 00 |