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Praxisänderung: Das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich erlaubt den Austausch eines Belegs beim Handelsregisteramt

Praxisänderung: Das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich erlaubt den Austausch eines Belegs beim Handelsregisteramt

Das Verwaltungsgericht hat sich in seinem publizierten und in Rechtskraft erwachsenen Entscheid vom 16. Dezember 2021 mit dem Thema auseinandergesetzt, ob das Handelsregisteramt einen irrtümlich nicht geschwärzten Beleg austauschen muss.

Publiziert: 23 März 2022

Autoren
Partner, Co-Head of Intellectual Property
Associate
Partner, Head of Litigation
Partner, Head of Intellectual Property
Publiziert: 23 März 2022
Autoren

Jürg Simon

Partner, Co-Head of Intellectual Property

David Hitz

Associate

Daniel Tunik

Partner, Head of Litigation

Sevan Antreasyan

Partner, Head of Intellectual Property

Sachverhalt

Bei der Beschwerdeführerin handelt es sich um eine im Handelsregister des Kantons Zürich eingetragene Stiftung. Um verschiedene Mutationen im Stiftungsrat im Handelsregister eintragen zu lassen, reichte sie irrtümlich ein vollständiges Protokoll der Stiftungsratssitzung beim Handelsregisteramt ein.

Das Handelsregisteramt des Kantons Zürich nahm in der Folge die Eintragung der Mutationen im Handelsregister vor und veröffentlichte das gesamte Protokoll der Stiftungsratssitzung. Dieses beinhaltete unter anderem vertrauliche Informationen über Drittpersonen. Die Stiftung wandte sich in der Folge an das Handelsregisteramt und beantragte, das Protokoll durch eine teilweise geschwärzte Version desselben Dokuments zu ersetzen. Das Handelsregisteramt wies das Gesuch ab. Gegen diese Verfügung erhob die Stiftung Beschwerde beim Verwaltungsgericht des Kantons Zürich.

Erwägungen des Verwaltungsgerichts

Das Handelsregister bezweckt die Erfassung und Offenlegung rechtlich relevanter Tatsachen über Rechtseinheiten und dient der Rechtssicherheit sowie dem Schutz Dritter (E. 3.3).

Auf das Handelsregister ist das Bundesgesetz über den Datenschutz nicht anwendbar. Grund für die Ausnahme vom Geltungsbereich ist, dass für diese Register spezifische Informations­bearbeitungs- und Datenschutzbestimmungen bestehen, welche nicht durch die Datenschutz­gesetzgebung modifiziert werden sollen (E. 4.1).

Dies kann jedoch nicht bedeuten, dass den Interessen des Datenschutzes im Bereich des Handelsregisters keine Bedeutung zukommt. Aus Art. 13 Abs. 2 BV wird das sogenannte Recht auf informationelle Selbstbestimmung abgeleitet E. 4.1).

Die Beschlüsse der Stiftungsratssitzung um­fassen sowohl personenbezogene Daten Dritter als auch Angaben über die Beschwerdeführerin selbst, namentlich über ihre Entscheide und die Begründungen dafür. Die Beschwerdeführerin kann bezüglich dieser personenbezogenen Daten das Grundrecht der informationellen Selbstbe­stimmung anrufen. Ihr Recht ist zudem mit einer gewissen Intensität tangiert, da es vorliegend nicht nur um eine unbedeutende Bearbeitung personenbezogener Daten geht, sondern höchst vertrauliche Daten veröffentlicht wurden. Nach der Bejahung des Grundrechteingriffs prüfte das Verwaltungsgericht, ob sich dieser Eingriff nach Art. 36 BV rechtfertigen lässt (E. 5 ff.):

  • Gesetzliche Grundlage: Für die Verweigerung des direkt aus Art. 13 BV abzuleitenden Anspruchs auf (nachträgliche) Schwärzung oder anderweitige Unkenntlichmachung von personenbezogenen Daten in den Belegen findet sich keine gesetzliche Grundlage.
  • Öffentliches Interesse: Ein öffentliches Interesse an der Einsicht in diese register­rechtlich nicht relevanten Inhalte besteht nicht.
  • Verhältnismässigkeit: Der Grundrechtseingriff ist nur erforderlich in Bezug auf rechtserheb­lichen Tatsachen. Im Sinne des Verhältnis­mässigkeitsgrundsatzes darf das Handels­registeramt nur diejenigen Daten beschaffen und bearbeiten, die es objektiv tatsächlich benötigt.

Basierend auf dieser Grundrechtsabwägung folgerte das Verwaltungsgericht, dass nicht rechtserhebliche personenbezogene Daten, die bspw. aufgrund eines Missverständnisses veröffentlich wurden, auch nachträglich unkenntlich gemacht werden können (E. 5.4).

Weiter setzte sich das Verwaltungsgericht mit der Frage auseinander, ob auf den Grundrechtsschutz durch die Einreichung der Belege mittels Einwilligung (vgl. Art. 4 Abs. 5 DSG) verzichtet wird. Es stellte fest, dass mit der Einreichung der Belege grund­sätzlich davon auszugehen sei, dass konkludent in deren Veröffentlichung eingewilligt werde. Im konkreten Fall wurde eine solche Einwilligung aber verneint, da das Handelsregisteramt auf­grund der konkreten Umstände nicht davon ausgehen dürfte, dass die Stiftung mit einer Publikation der personenbezogenen Daten Dritter einverstanden sei. (E. 6.4).

Das Verwaltunsgericht folgerte, dass für die Entscheidung im konkreten Fall, ob Daten unkenntlich gemacht werden müssen, die infrage stehenden personenbezogenen Daten, die Interessen der Öffentlichkeit an der Verläss­lichkeit des Handelsregisters sowie der Kreis der Zugangsberechtigten zu berücksichtigen seien (E. 6.5).

Entscheid

Das Verwaltungsgericht gewichtete die privaten Interessen an der nachträglichen Unkenntlich­machung im vorliegenden Fall höher. Die Beschwerde wurde in dieser Sache gutgeheissen und der Austausch des Belegs angeordnet. Das Urteil ist rechtskräftig.

Die Beschwerdeführerin wurde vertreten durch RA Prof. Dr. Jürg Simon und RA David Hitz.

 

Für weitere Fragen zu diesem Thema stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.

Rechtlicher Hinweis: Der Inhalt dieses Update Newsflash ist allgemeiner Natur und stellt keine Rechtsauskunft dar. Bei Fragen zur für Sie relevanten rechtlichen Ausgangslage stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.