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Bundesgesetz über die Bekämpfung des missbräuchlichen Konkurses

Bundesgesetz über die Bekämpfung des missbräuchlichen Konkurses

Das Bundesgesetz über die Bekämpfung des missbräuchlichen Konkurses bringt neben Anpassungen im Schuldbetreibungs- und Konkursgesetz (SchKG) sowie dem Strafgesetzbuch (StGB) auch wichtige Änderungen im Obligationenrecht (OR) und in der Handelsregisterverordnung (HRegV). Dadurch sollen die Hürden für die Befreiung von Schulden zum Nachteil der Gläubiger künftig erhöht werden. Die Gesetzes- und Verordnungsänderungen werden voraussichtlich im Januar 2024 in Kraft treten.

Publiziert: 14 März 2023

Autoren
Partner, Head of Insolvency and Restructuring
Associate
Partner, Head of Insolvency and Restructuring
Publiziert: 14 März 2023
Autoren

Tanja Luginbühl

Partner, Head of Insolvency and Restructuring

Eva Müller

Associate

Roman Graf

Partner, Head of Insolvency and Restructuring

Expertise Insolvency and Restructuring

Ausgangslage

Mit dem Bundesgesetz über die Bekämpfung des missbräuchlichen Konkurses wollen Bundesrat und Parlament das Missbrauchspotential im Konkursverfahren mittels punktueller Gesetzesänderungen verringern. Künftig soll das Konkursverfahren von Schuldnern insbesondere nicht mehr dazu missbraucht werden können, um sich finanziellen Verpflichtungen wie Lohnzahlungen und Schulden zulasten der Gläubiger und Sozialversicherungen zu entledigen oder andere Unternehmen unlauter zu konkurrieren.

Relevante Anpassungen

Das Bundesgesetz über die Bekämpfung des missbräuchlichen Konkurses führt zu Anpassungen in mehreren Gesetzen, namentlich im OR, im SchKG, im StGB und im Bundesgesetz über die direkte Bundessteuer (DBG).

Die Gesetzesänderungen haben Anpassungen von Vorschriften in der HRegV und in der Verordnung über das Strafregister-Informationssystem VOSTRA (StReV) zur Folge.

Von besonderer praktischer Relevanz sind die folgenden Anpassungen:

  • Abschaffung des rückwirkenden Opting-outs;
  • Einführung der Personensuche im Handelsregister (über Zefix) unter Angabe von Rechtseinheit und Funktion der Person;
  • Nichtigkeit des Mantelhandels, d.h. der Übertragung von Aktien bzw. Stammanteilen einer überschuldeten Gesellschaft ohne Geschäftstätigkeit und verwertbaren Aktiven;
  • Pflicht des Konkursantrags auch für öffentlichrechtliche Gläubiger;
  • Ausweitung und verbesserte Durchsetzbarkeit des strafrechtlichen Tätigkeitsverbots.

Abschaffung des rückwirkenden Opting-outs

Unternehmen mit max. 10 Vollzeitstellen im Jahresdurchschnitt können mit der Zustimmung sämtlicher Aktionäre durch entsprechende Meldung an das Handelsregister auf die eingeschränkte Revision verzichten. Eine solche Opting-out Erklärung konnte unter bisherigem Recht auch rückwirkend, d.h. sowohl für das zurückliegende wie auch das laufende Geschäftsjahr beschlossen werden, sofern diese noch vor Ablauf der Sechsmonatsfrist seit Abschluss des Geschäftsjahres und vor Genehmigung der Jahresrechnung des letzten abgeschlossenen Geschäftsjahres abgegeben wurde.

Unter dem revidierten Recht soll eine Opting-out Erklärung nur noch für künftige Geschäftsjahre gelten und muss vor Beginn des Geschäftsjahres beim zuständigen Handelsregister angemeldet werden. Zusätzlich wird auch das Geschäftsjahr, ab welchem auf die eingeschränkte Revision verzichtet wird, im Handelsregister eingetragen. Dieses Datum muss aus der Verzichtserklärung hervorgehen.

Die neuen Bestimmungen werden ab ihrem Inkrafttreten anwendbar sein, weshalb keine Übergangsbestimmungen erlassen werden. Gesellschaften, die für das Geschäftsjahr 2024 auf die eingeschränkte Revision verzichten möchten, sollten diesen Beschluss deshalb im Laufe des Geschäftsjahres 2023 fassen und inkl. Kopie der letzten, revidierten genehmigten Jahresrechnung beim zuständigen Handelsregister zur Anmeldung bringen. Die der Anmeldung zugrundeliegenden Unterlagen unterstehen der eingeschränkten Öffentlichkeit, womit nur Behörden des Bundes und der Kantone Einsicht nehmen können.

Einführung der Personensuche im Handelsregister

Mit der vorgesehenen Anpassung der HRegV sollen öffentliche Personendaten mit der AHVVersichertennummer verknüpft werden, die als Personenidentifikator dient. Künftig soll die Einzelabfrage des Personennamens oder der zugeteilten Personennummer Auskunft über Rechtseinheit sowie alle bisherigen und aktuellen Funktionen der entsprechenden Person geben. Die Daten werden über Zefix gebührenfrei zugänglich gemacht.

Durch die Offenlegung zum wirtschaftlichen Werdegang und Verwicklungen in Konkursverfahren erhofft sich der Bundesrat nebst einer abschreckenden Wirkung auch Vorteile für die Behörden mit Blick auf die Überprüfung und Anordnung des Tätigkeitsverbots nach Art. 67a E-StGB.

Das neue Recht in Bezug auf die Personensuche wird seine volle Wirkung allerdings erst mit Nachführung der zentralen Datenbank Personen durch die Kantone entfalten können. Damit ist erst in einigen Jahren zu rechnen.

Nichtigkeit des Mantelhandels bei einer überschuldeten Gesellschaft

Das Bundesgericht erachtet den sogenannten "Mantelhandel" mit Blick auf den Verkehrs- und Gutglaubensschutz seit Jahren als nichtiges Rechtsgeschäft. Unter einem Mantel versteht das Bundesgericht "eine wirtschaftlich vollständig liquidierte und von den Beteiligten aufgegebene, juristisch aber noch nicht aufgelöste Gesellschaft", welche zur Umgehung gesetzlicher Gründungsvorschriften genutzt wird und den Zweck der Löschungspflicht missachtet. Die Nichtigkeit des Mantelhandels betrifft dabei den Erwerb der Aktien bzw. der Stammanteile und somit den Kaufvertrag als obligatorisches Grundgeschäft. Die Übertragung von Aktien ist gemäss dem nun verabschiedeten Gesetzeswortlaut nichtig, wenn kumulativ folgende Kriterien erfüllt sind:

  • Keine Geschäftstätigkeit;
  • Keine verwertbaren Aktiven;
  • Überschuldung der Gesellschaft.

Zudem sollen mit Art. 65a und Art. 152 Abs. 1 E-HRegV neue Bestimmungen geschaffen werden, welche dem Handelsregister bei konkretem Verdacht auf Mantelhandel erlauben, eine aktuelle Bilanz der betroffenen Gesellschaft anzufordern.

Pflicht des Konkursantrags auch für öffentlich-rechtliche Gläubiger

Unter geltendem Recht sind öffentlich-rechtliche Gläubiger grundsätzlich nicht berechtigt, die Konkurseröffnung zu beantragen, sondern konnten sich bislang lediglich auf die Betreibung auf Pfändung berufen. Bei überschuldeten Unternehmen führt dies zu Anreizen, öffentlich-rechtliche Schulden nicht zu bezahlen und stattdessen die übrigen Gläubiger zu befriedigen. Faktisch zahlungsunfähige Unternehmen bleiben dadurch bestehen. Die Konkurseröffnung erfolgt in solchen Fällen häufig zu spät oder gar nicht.

Für öffentlich-rechtliche Gläubiger hat die Betreibung auf Pfändung den Vorteil, dass diese im Vergleich zur Betreibung auf Konkurs ohne Leistung eines Kostenvorschusses beantragt werden kann. Mit der ersatzlosen Streichung von Art. 43 Ziff. 1 und 1bis E-SchKG wird ein Paradigmenwechsel vorgenommen und das bisherige "Behördenprivileg" abgeschafft. Neu werden auch die Forderungen öffentlich-rechtlicher Gläubiger der Konkursbetreibung unterstellt.

Ausweitung und verbesserte Durchsetzbarkeit des strafrechtlichen Tätigkeitsverbots

Mit der Anpassung von Art. 67a Abs. 2 E-StGB wird das strafrechtliche Tätigkeitsverbot auf sämtliche Personen ausgeweitet, die eine im Handelsregister einzutragende Funktion ausüben. Neu wird deshalb nicht mehr nur auf die Organfunktion einer Person abgestellt, sondern auch gegen Direktoren, Geschäftsführer, Leiter einer Zweigniederlassung sowie Personen mit Unterschriftsberechtigung oder Prokura kann ein Tä- tigkeitsverbot ausgesprochen werden.

Die Durchsetzung angeordneter Tätigkeitsverbote soll durch Prüfpflichten des Eidgenössischen Amt für das Handelsregister (EHRA) verbessert werden.

Ergänzt wird die verbesserte Durchsetzbarkeit durch Art. 11 Abs. 2 und 3 E-SchKG, welche die Konkursbeamten bei konkreten Hinweisen auf Straftaten zur Anzeige an die Strafverfolgungsbehörde verpflichten.

Ausblick

Das Bundesgesetz über die Bekämpfung des missbräuchlichen Konkurses wurde im März 2022 verabschiedet. Die Referendumsfrist ist am 7. Juli 2022 unbenutzt abgelaufen. Am 25. Januar 2023 wurde die Vernehmlassung zu den notwendigen Verordnungsänderungen durch den Bundesrat eröffnet. Diese dauert noch bis zum 5. Mai 2023. Die Gesetzes- und Verordnungsänderungen werden voraussichtlich im Januar 2024 in Kraft treten.

Für weitere Fragen zu diesem Thema stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.

Rechtlicher Hinweis: Der Inhalt dieses Update Newsflash ist allgemeiner Natur und stellt keine Rechtsauskunft dar. Bei Fragen zur für Sie relevanten rechtlichen Ausgangslage stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.

Zur besseren Lesbarkeit wurde im Text die männliche Form gewählt, dennoch beziehen sich die Angaben auf Angehörige aller Geschlechter.

Reden wir

Tanja Luginbühl

Partner, Head of Insolvency and Restructuring, Zurich

tanja.luginbuhl@lenzstaehelin.com

Tel: +41 58 450 80 00

Eva Müller

Associate, Zurich

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Roman Graf

Partner, Head of Insolvency and Restructuring, Geneva

roman.graf@lenzstaehelin.com

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