Lex Koller: Keine Ausnahme mehr für Betriebsstätte-Grundstücke?
Mit einem überraschend klaren Votum von 22:0 Stimmen bei zwei Enthaltungen beschloss die Kommission für Rechtsfragen des Nationalrates eine Kommissionsinitiative, welche die gemäss Lex Koller geltende Ausnahme für den Erwerb sogenannter Betriebsstätte-Grundstücke vorübergehend ausser Kraft setzen will. Damit soll laut Kommission verhindert werden, dass aufgrund der COVID-19-Krise unter Druck geratene Schweizer Unternehmen gezwungen sind, ihre Betriebsliegenschaften günstig an ausländische Unternehmen zu veräussern. Die Initiative wird nun von der ständerätlichen Kommission geprüft und könnte, wenn sie angenommen und die Gesetzesänderung für dringlich erklärt würde, innerhalb weniger Monate von den Räten verabschiedet und in Kraft gesetzt werden.
Publiziert: 25 Januar 2021
Publiziert: 25 Januar 2021 | ||
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Beat Kühni |
Partner |
Fabiano Menghini |
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Cécile Berger Meyer |
Partner, Head of Real Estate |
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Expertise |
Real Estate |
Das Bundesgesetz über den Erwerb von Grundstücken durch Personen im Ausland (BewG), auch bekannt als Lex Koller, unterstellt den Erwerb von Grundstücken durch Personen im Ausland einer allgemeinen Bewilligungspflicht. Als Personen im Ausland gelten insbesondere natürliche Personen mit Wohnsitz im Ausland und juristische Personen, die entweder ihren Sitz im Ausland haben oder durch eine Person im Ausland beherrscht werden.
Eine in der Praxis wichtige Ausnahme von der Bewilligungspflicht stellt der Erwerb von sogenannten Betriebsstätte-Grundstücken (Art. 2 Abs. 2 lit. a BewG) dar. Bei BetriebsstätteGrundstücken handelt es sich – vereinfacht gesagt – um Grundstücke, die betrieblich und nicht nicht zu Wohnzwecken genutzt werden. Die Ausnahme der Bewilligungspflicht für Betriebsstätte-Grundstücke ist demnach in der Praxis ausserordentlich bedeutend. Unter sie fallen eine Vielzahl von wirtschaftlich bedeutenden Grundstücken – wie etwa Fabrikationsgebäude, Lagerhallen, Büroräumlichkeiten, Einkaufszentren, Handwerkerbetriebe oder auch Hotels und Restaurants.
Die Ausnahme der Bewilligungspflicht für den Erwerb von Betriebsstätten soll nun temporär ausser Kraft gesetzt werden. Namentlich sieht die Kommissionsinitiative vor, dass:
- die Ausnahme während einer "besonderen" oder "ausserordentlichen" Lage gemäss Art. 6 bzw. 7 des Epidemiengesetzes; und
- für zwei darauf folgende Jahre nicht mehr gelten soll; und dass
- die Suspendierung auch für bereits unterzeichnete, aber noch nicht vollzogene Transaktionen Anwendung finden soll – es sei denn, es liege bereits eine rechtskräftige Lex KollerVerfügung vor. Eine solche dürfte allerdings in der Praxis regelmässig nicht vorliegen, weil der Erwerb von Betriebsstätte-Grundstücken nach geltendem Recht gerade keiner Lex Koller Bewillung bedarf.
In der Schweiz gilt seit Juni 2020 eine besondere Lage gemäss Art. 6 des Epidemiengesetzes. Im Ergebnis würde die von der Kommissionsinitiative verlangte Änderung der Lex Koller demnach während mehreren Jahren den direkten Erwerb von Betriebsstätte-Grundstücken durch Personen im Ausland untersagen. Auch bei M&ATransaktionen, die durch den Kauf von entsprechenden Gesellschaftsanteilen zu einem indirekten Erwerb von Betriebsstätte-Grundstücken führen, wäre die Anwendbarkeit der Lex Koller in jedem Fall genau zu prüfen, insbesondere dort, wo bewilligungspflichtige Grundstücke (also neu auch Betriebsstätte-Grundstücke) mehr als einen Drittel der Aktiven der Zielgesellschaft ausmachen.
Die vorgeschlagene Suspendierung der Betriebsstätte-Ausnahme kommt sehr überraschend. Es erscheint auch fraglich, ob das von der Kommission für Rechtsfragen des Nationalrats mit der Suspendierung anvisierte Ziel – nämlich "zu verhindern, dass ausländische finanzkräftige Investoren die finanzielle Notlage schweizerischer Unternehmen ausnützen und zu tiefen Preisen Betriebsliegenschaften von Unternehmen erwerben könnten" – in der Tat erreicht werden kann. Der temporäre Wegfall von ausländischen Investoren wird tendenziell zu tieferen Kaufpreiserlösen für Betriebsstätte-Grundstücke führen und dürfte damit in Notlage geratene Unternehmen zusätzlich schaden. Gleichzeitig wird die Sanierung und dringend benötigte Zuführung von Liquidität für in Notlage geratene Schweizer Unternehmen mit dieser Suspendierung erschwert. Zudem fände die Suspendierung in der jetzigen Form auch auf gänzlich anders motivierte Transaktionen – d.h. solche ausserhalb jeglicher finanzieller Notlage auf Verkäuferseite – Anwendung und würde darüber hinaus schliesslich auch laufende und zukünftige M&ATransaktionen erschweren.
Es bleibt nun abzuwarten, wie sich die ständerätliche Kommission und, im Fall der Annahme der Initiative, die beiden Räte dazu stellen werden.
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